Berliner Mietspiegel 2023 veröffentlicht

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen hat am 15. Juni 2023 den Berliner Mietspiegel 2023 veröffentlicht. Der Berliner Mietspiegel 2023 ist kein „qualifizierter Mietspiegel“, sondern bloß ein „einfacher Mietspiegel“. In diesem Kurzbeitrag wird beleuchtet, was der Unterschied zu einem qualifizierten Mietspiegel ist und welche Auswirkungen der neue Mietspiegel auf Mieterhöhungen in laufenden Mietverhältnissen hat.

1.   Einfacher Mietspiegel

Die Senatsverwaltung hat lediglich einen einfachen Mietspiegel (§ 558c BGB) veröffentlicht. Der Unterschied zu einem qualifizierten Mietspiegel (§ 558d BGB) liegt darin, dass der einfache Mietspiegel nicht nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der nach Landesrecht zuständigen Behörde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter anerkannt worden ist. Der einfache Mietspiegel 2023 stellt lediglich eine Anpassung des zuvor geltenden Mietspiegels 2021 an die Marktlage dar, indem die durchschnittlichen Mieten aus 2021 aufgrund der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes (VPI) für Berlin fortgeschrieben wurden.

Dabei wurden zwei Teilindizes berücksichtigt. Index 1: VPI Nettokaltmiete (Wichtung 70 %), Index 2: VPI ohne Nahrungsmittel und Energie und ohne Nettokaltmiete (Wichtung 30 %). Anhand der Steigerungsraten der beiden VPI´s in Kombination mit den Wichtungsfaktoren ergibt sich eine Entwicklung von 2,7 % pro Jahr. Auf die übliche Geltungsdauer eines Mietspiegels von zwei Jahren gerechnet, ergibt das also eine Steigerung von 5,4 Prozent. Alle Werte des Mietspiegels 2021 wurden entsprechend mit dem Faktor 1,054 multipliziert. Dies bezieht sich einheitlich auf den Mittelwert, die untere und obere Spanne sowie auch auf die Abschläge für die minderausgestatteten Wohnungen. Eine solche „Wertsicherung“ ist auf Grundlage von § 558c Abs. 3 BGB zulässig. Die Wohnlage, das Straßenverzeichnis sowie die Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung im Mietspiegel 2023 wurden aus dem Mietspiegel 2021 übernommen. Da nach Angaben der Senatsverwaltung für den neuen Mietspiegel keine Miet- und Ausstattungsdaten erhoben werden konnten, konnte keine Betriebskostenübersicht erstellt werden.

2. Auswirkungen auf Wohnraummietverhältnisse

Bei einer Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 Abs. 1 BGB) kann der Vermieter als Begründungsmittel auf einen Mietspiegel zurückgreifen. Einem qualifizierten Mietspiegel kommt eine gesetzliche Vermutung zugute, dass die im qualifizierten Mietspiegel bezeichneten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete zutreffend wiedergeben. Diese gesetzliche Vermutung kann in der Praxis nur schwer widerlegt werden. Darin liegt der wesentliche Unterschied: Der einfache Mietspiegel begründet keine solche gesetzliche Vermutung, dass die dort aufgeführten Mieten, die ortsübliche Vergleichsmiete zutreffend wiedergeben. Das bedeutet, dass der einfache Mietspiegel weniger verlässlich zur Begründung von Mieterhöhungen herangezogen und daher leichter widerlegt werden kann. Dies gilt zum einen für die Begründung, wenn der Vermieter behauptet, dass die ortsübliche Vergleichsmiete tatsächlich weit höher liegt als im einfachen Mietspiegel ausgewiesen. Zum anderen aber auch für den Fall, dass der Mieter eine Absenkung der Miete geltend macht und behauptet, die ortsübliche Vergleichsmiete liege weit unter der bei Mietbeginn vereinbarten Miete.

Gleichwohl ist ein einfacher Mietspiegel nicht wertlos, da er weiterhin taugliches Begründungsmittel für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete bleibt. Er kann weiterhin zur Orientierung bei Mieterhöhungsverlangen und bei der Neufestsetzung der Miete bei Mietvertragsabschluss herangezogen werden. In der Praxis stellt der einfache Mietspiegel aber bloß ein Indiz für die ortsübliche Vergleichsmiete dar. Das bedeutet, dass ein Gericht im Streitfall nicht an die Aussagekraft des einfachen Mietspiegels gebunden ist. Dennoch kann der einfache Mietspiegel eine taugliche Erkenntnisquelle für die richterliche Überzeugungsbildung sein.

Zur Begründung der ortsüblichen Vergleichsmiete kann neben einem Mietspiegel auch auf andere Begründungsmittel zurückgegriffen werden, etwa ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen oder die Benennung von drei Vergleichswohnungen. Daran hat sich nichts geändert. Es wird für Vermieter jedoch einfacher, z.B. eine größere Mieterhöhung unter Bezugnahme auf ein Sachverständigengutachten oder drei Vergleichswohnungen durchzusetzen, wenn kein qualifizierter, sondern nur ein einfacher Mietspiegel vorliegt.

3.   Ausblick: Mietspiegel 2024

Der Mietspiegel 2023 ist ausdrücklich als Übergangslösung bezeichnet. Der Mietspiegel 2021 verlor nach zwei Jahren seine Gültigkeit als qualifizierter Mietspiegel. Aufgrund von Unwägbarkeiten im Vergabeverfahren bei der Aufstellung eines neuen qualifizierten Mietspiegels hat sich die Senatsverwaltung dazu entschlossen, im Jahr 2023 nur einen einfachen Mietspiegel zu veröffentlichen und bis zum Mai 2024 einen neuen qualifizierten Mietspiegel zu erarbeiten. Es ist daher zu erwarten, dass es ab Mai 2024 für Berlin wieder einen qualifizierten Mietspiegel geben wird, was nach Auffassung des Autors zu begrüßen ist.

Den Mietspiegel 2023 können Sie mit Begründung unter diesem Link abrufen:
https://www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/mietspiegel/de/download/Mietspiegel2023.pdf

Eine Mietspiegelabfrage können Sie bequem online bei der Senatsverwaltung tätigen:
https://www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/mietspiegel/

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Christian Pietsch, LL.M. Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht pietsch@knauthe.com
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