Führt die vom Bundesministerium des Innern geplante „Umwandlungsbremse“ in Berlin zu einem „Umwandlungsdeckel“?

Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) beabsichtigt, die Umwandlung von Mietshäusern in Eigentumswohnungen in bestimmten Gebieten zu erschweren. Die Entscheidung, in welchen Gebieten diese neue „Umwandlungsbremse“ angewandt werden soll, will das BMI den Bundeländern überlassen.

I.    Das geplante Gesetz

Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) hat den Entwurf eines Gesetzes zur Mobilisierung von Bauland („Baulandmobilisierungsgesetz“) veröffentlicht. Den gesamten Entwurf finden Sie hier:

Referentenentwurf Baulandmodernisierungsgesetz (Externer Link)

Ziel des Gesetzes ist die Ausweitung und Ausnutzung des Angebots an Bauland sowie die Sicherung bezahlbaren Wohnraums. Hierfür sollen das Baugesetzbuch (BauGB) und die Baunutzungsverordnung (BauNVO) geändert werden. Die Branchenverbände haben nun bis zum 03.07.2020 Zeit, zu dem Entwurf Stellung zu nehmen.

II.  Die „Umwandlungsbremse“

Der Referentenentwurf des Baulandmobilisierungsgesetzes sieht unter anderem auch eine Erschwerung der Umwandlung von Mietshäusern in Eigentumswohnungen vor. Angelehnt an die Mietpreisbremse hat die vorgeschlagene Regelung bereits den Spitznamen „Umwandlungsbremse“ erhalten.

Konkret soll die Umwandlungsbremse in dem neu in das BauGB einzufügenden § 250 BauGB geregelt werden. Den Bundesländern soll es gestattet werden, durch Rechtsverordnung Gebiete zu bestimmen, „in denen die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet“ ist. In diesen Gebieten soll die Begründung von Wohnungseigentum in bereits bestehenden Wohngebäuden einer eigenständigen Umwandlungsgenehmigung bedürfen. Nach dem Referentenentwurf würde diese Umwandlungsgenehmigung jedoch nur in (sehr) engen Ausnahmefällen erteilt. So bestünde ein Anspruch auf Umwandlungsgenehmigung z.B., wenn:

  • das Grundstück zu einem Nachlass gehört und Wohnungseigentum oder Teileigentum zugunsten von Miterben begründet werden soll,
  • das Wohnungseigentum oder Teileigentum zur eigenen Nutzung an Familienangehörige des Eigentümers veräußert werden soll,
  • das Wohnungseigentum oder Teileigentum zur eigenen Nutzung an mindestens zwei Drittel der Mieter veräußert werden soll.

Neubauten würden nicht von der Umwandlungsbremse erfasst. Ist ein Gebäude jedoch als (ungeteiltes) Wohngebäude fertiggestellt und in Betrieb genommen, so wäre für eine spätere Aufteilung grundsätzlich eine Genehmigung erforderlich.

Ähnlich wie bei der Mietpreisbremse oder bei der Ausweisung von Milieuschutzgebieten müssen die Länder die jeweilige Verordnung auf fünf Jahre befristen. Ob nach Ablauf dieser fünf Jahre sodann erneut gleichlautende Verordnungen erlassen werden (dürfen), bleibt abzuwarten.

III. Drohender „Umwandlungsdeckel“ in Berlin

Nach dem Referentenentwurf sollen die Bundesländer selbst darüber entscheiden dürfen, in welchen Gebieten die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist.

Die Landesregierung in Berlin geht davon aus, dass dies im gesamten Stadtgebiet der Fall ist. Dies hat sie bereits durch § 1 der Berliner Kündigungsschutzklausel-Verordnung deutlich gemacht:

In Berlin ist die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet“.

Es ist somit davon auszugehen, dass Berlin den neuen § 250 BauGB dazu nutzen würde, Umwandlungen im gesamten Stadtgebiet unter einen Genehmigungsvorbehalt zu stellen. Die engen Voraussetzungen des § 250 BauGB in Kombination mit der Berliner Behördenpraxis würden dann dazu führen, dass eine Umwandlung bestehender Mietshäuser in Wohnungseigentum faktisch kaum noch möglich wäre. Insoweit bildet der Begriff „Umwandlungsbremse“ die Folgen eines flächendeckenden Genehmigungsvorbehalts (zumindest in Berlin) nicht umfassend ab. Es erscheint eher sachgerecht, von einem „Umwandlungsdeckel“ zu sprechen.

IV. Fazit

Die Regelung würde einen erheblichen Eingriff in die Rechte der Eigentümer bedeuten. Anders als dies z.B. beim Berliner Mietendeckel von der Mehrzahl der kommentierenden Juristen angenommen wird, dürfte der Umwandlungsdeckel jedoch verfassungsgemäß sein.

Der Gesetzgeber wird sich jedoch die Frage gefallen lassen müssen, ob ein Verbot der Schaffung neuer Eigentumswohnungen in Zeiten besonders niedriger Zinsen wirklich dem Willen der Wähler entspricht. Dies gilt im Besonderen deshalb, weil Mieter nach einer Umwandlung bereits heute 10 Jahre vor einer Eigenbedarfskündigung geschützt sind und ihnen bei einer Veräußerung der Wohnung ein Vorkaufsrecht zusteht. Den Gemeinden (in Berlin: Bezirken) steht es zudem schon jetzt frei, Milieuschutzgebiete festzusetzen, in denen eine Umwandlung der Genehmigung bedarf.

In Berlin wird die Ankündigung der Umwandlungsbremse jedenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit kurzfristig zu einer Zunahme der Begründung von Wohnungseigentum führen. Der bereits durch den „Mietendeckel“ verstärkte Trend wird sich also weiter fortsetzen. Zudem werden die Preise für bereits bestehende Eigentumswohnungen ‑ insbesondere in den begehrten Berliner Altbauten – voraussichtlich weiter ansteigen. Neue Wohngebäude werden voraussichtlich noch häufiger direkt als Wohnungseigentum geplant und errichtet werden.

Profitieren würden im Zweifel (mal wieder) diejenigen, die bereits über Eigentum oder Mietverträge verfügen. Für diejenigen, die in Berlin eine Wohnung (zum Kauf oder zur Miete) suchen, würde sich die Situation durch einen Umwandlungsdeckel jedenfalls nicht verbessern.

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Jakob Hans Hien Rechtsanwalt hien@knauthe.com
  • Öffentliches Baurecht, Behörden und Verwaltung
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